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Q&A: “Mit den Standards wollen wir ein wirkungsvolles Maß an Qualität und Professionalität erreichen”

Ziel des neuen VdK-Branchenstandards für Auslagerung ist ein einheitliches Verständnis von Qualität, Steuerung und Kontrolle. Philipp Kriependorf, Co-Founder und Vorstand des VdK, spricht über Inhalte und Mehrwerte des Standards sowie seine Perspektive im Ökosystem.

Ende Juni verabschiedete die Mitgliederversammlung des VdK den Branchenstandard für das Auslagerungsmanagement. Ziel ist ein branchenweites Verständnis für die Qualität der Steuerung und internen Kontrolle von ausgelagerten Aktivitäten und Prozessen. Philipp Kriependorf, Co-Founder und Vorstand des VdK, spricht über Inhalte und Mehrwerte des Standards sowie seine Perspektive im Ökosystem.

VdK: Lieber Philipp, warum ist Auslagerung ein Thema für Kreditplattformen?

Philipp Kriependorf: Auslagerung kann dabei helfen, schneller, effizienter und innovativer zu werden. Wer sich besser auf sein Kerngeschäft konzentrieren kann, hat einen Wettbewerbsvorteil. Hier agieren Kreditplattformen nicht anders als alle anderen Unternehmen.

VdK: Und was spricht dagegen?

Philipp Kriependorf: Mit der Auslagerung von Prozessen macht man sich ein Stück weit von anderen abhängig. Das ist nicht per se ein Problem. Das wird es aber dann, wenn nicht geliefert wird, was man vereinbart hat. Man muss also im Blick haben, wie der Auslagerungspartner arbeitet, wenn der eigene Unternehmenserfolg nicht gefährdet werden soll. Allerdings darf die Kontrolle auch nicht ausufern. Dann könnten wieder Effizienz und Schnelligkeit leiden, und genau das will man ja nicht. Auslagerung und insbesondere deren Überwachung ist kein Selbstzweck und hat deshalb auch immer mit der Frage zu tun, welches Maß sinnvoll und angemessen ist.

VdK: Da gibst Du gleich die nächste Frage vor: Welches Maß an Überwachung ist denn für Kreditplattformen angemessen?

Philipp Kriependorf: Das zeigt der Branchenstandard für das Auslagerungsmanagement, auf den sich die Mitglieder im Sommer geeinigt haben. Wichtig ist hier zunächst einmal, die Unterscheidung zwischen Auslagerungsaktivitäten im Zusammenhang mit der Hauptgeschäftstätigkeit und sonstigem Fremdbezug zu treffen. Der Fokus des Standards liegt ganz eindeutig auf der Überwachung der Hauptgeschäftstätigkeit. Im nächsten Schritt ist dann zwischen einfachen und wesentlichen Auslagerungen zu unterschieden. Und hier wiederum sind Letztere zentral. Was wir mit dem Standard also haben, ist ein Stufensystem aus wesentlichen Auslagerungen, einfachen Auslagerungen und sonstigem Fremdbezug.

VdK: …kurz dazwischen gefragt: Was genau ist die Unterscheidung zwischen einer einfachen und wesentlichen Auslagerung?

Philipp Kriependorf: Das definiert der Standard sehr klar. Ich lese es kurz ab: Wesentlich ist eine Auslagerung in Abgrenzung zur einfachen Auslagerung, wenn deren unzureichende oder unterlassene Durchführung die Einhaltung von Gesetzen, die finanzielle Leistungsfähigkeit oder auch die Solidität bzw. Kontinuität der Hauptgeschäftstätigkeit erheblich beeinträchtigen würde. Aber was heißt das jetzt konkret für das richtige Maß an Überwachung? Das war ja die Ausgangsfrage.

Die Kreditplattform muss im Rahmen einer Risikoanalyse überprüfen, ob es bei Ausfällen ausgelagerter Hauptgeschäftstätigkeiten zu erheblichen Beeinträchtigungen kommen kann. Wenn sie das bejaht, muss sie dieses Thema im, im eigenen Sinne, im Blick haben und beherrschen. Wie das geht, dazu macht der Standard sehr verschiedene Vorgaben. Neben der regelmäßig durchzuführenden Risikoanalyse zählt hierzu beispielsweise die klare Zuordnung von Verantwortung für die Dokumentation, Steuerung und Überwachung, aber etwa auch ein jährlicher Auslagerungsbericht. In diesem sind dann übrigens auch die einfachen Auslagerungen darzustellen. Sie geraten also keineswegs aus dem Blick.

VdK: Wo im Standard siehst Du denn die größten Herausforderungen für die Kreditplattformen?

Philipp Kriependorf: Sicherlich ist zunächst die Risikoanalyse zu nennen. Hier sind zahlreiche Kriterien heranzuziehen und zu beschreiben, aus deren exakter Bewertung sich ja überhaupt erst das Aufgabenprogramm ergibt. So konkret wurde das für die Kreditplattformen auch noch nie ausformuliert. Fakt ist, dass man bei der Auslagerung vieles falsch machen kann, und eine gute Risikoanalyse trägt dazu bei, das zu verhindern.

Auch ist die Vereinbarung von SLAs sowie die Entwicklung von mit diesen verbundenen KPI und KRI nicht zu unterschätzen. Der Standard lässt hier zwar genug Spielraum für die Umsetzung. Nach meiner Meinung sind sie zur risikobasierten Beurteilung der Leistung des Auslagerungspartners aber unerlässlich und sollten deshalb entsprechend kalibriert sein. Das erfordert Sachverstand und auch Erfahrung in der Risikomessung.

VdK: Wie wurde der Branchenstandards bisher im Markt aufgenommen?

Philipp Kriependorf: Das ist noch zu früh zu sagen, weil er ja auch erst seit Mitte Juli verfügbar war. Mich persönlich haben jedenfalls noch keine kritischen Stimmen erreicht. Für den VdK kann ich aber berichten, dass der Text fast ein halbes Jahr diskutiert und am Ende von allen Mitgliedern unterstützt wurde. In den Prozess beziehen wir ja immer alle unsere Mitglieder mit ein, um ein möglichst großes Meinungsspektrum abzubilden.

VdK: Und welches Potential hat der Branchenstandard, zukünftig meinungsbildend zu wirken?

Philipp Kriependorf: Ein großes, meine ich, weil es nämlich nichts anderes gibt. Aber das gilt für die meisten unserer Standards. Was wir ja in der Entwurfsphase auch immer versuchen, ist, den Gesamtmarkt im Blick zu behalten. Und da gibt es sehr unterschiedliche Unternehmensgrößen und Geschäftsmodelle. Die Standards müssen am Ende des Tages für jeden passen, damit sie – zumindest perspektivisch – auch von allen akzeptiert werden können. Wenn wir hier einfach nur die MaRisk abgeschrieben hätten, wäre das nicht besonders innovativ und schon gar nicht meinungsbildend.

Auf der anderen Seite wollen wir mit den Standards ja aber gerade ein wirkungsvolles Maß an Qualität und Professionalität erreichen. Und wie wichtig und aktuell das ist, zeigt doch die laufende Umsetzung von Artikel 9 in der EU-Schwarmfinanzierungsverordnung. Mit drei sehr knappen Absätzen wird das Thema Auslagerung abgehandelt. Zur praktischen Umsetzung sagt die Verordnung nichts. Mit dem Branchenstandard gibt es jetzt immerhin einen praxistauglichen Lösungsansatz, der bereits von den einschlägigen Plattformen unter unseren Mitgliedern unterstützt wird.

VdK: Wo steht denn das Gesamtprojekt Branchenstandard aktuell?

Philipp Kriependorf: Voraussichtlich im November wird die Mitgliederversammlung Standard Nr. 6 zum Forderungsmanagement verabschieden. Wir haben dann die Hälfte des Weges geschafft. Bis Ende 2023 wollen wir die anderen sechs Standards ausgearbeitet haben. Der Vorstand ist zuversichtlich, dieses Ziel zu erreichen.

Und was ich ergänzend sagen möchte: Wir wissen heute aus Gesprächen, dass sich die Politik, die Aufsicht und ganz besonders die Investoren für unser Projekt interessieren. Am Anfang wurde das ja als schräge Idee belächelt. Mittlerweile aber tragen vor allem Letztere ihre Wünsche für weitere Branchenstandards sogar an uns heran. So fänden sie zum Beispiel einen Standard zum Business Continuity Management wichtig. Das nehmen wir natürlich gerne auf und werden es umsetzen. Die Aufgabe ist schon verteilt.

VdK: Lieber Philipp, wir danken Dir für das Gespräch.

Der Branchenstandard für das Auslagerungsmanagement ist hier auf unserer Website verfügbar.